Eintrag 0021

01.05.2022:

Ich traue es mich gar nicht zu sagen, aber es ist schon später Nachmittag und ich habe heute noch keinen Fuß vor die Tür gesetzt. Dabei ist der 1. Mai ein wichtiger Tag für einen ordentlichen Leipziger, denn es gibt genau zwei Dinge, die er an diesem Tag ausüben sollte:

1. Natürlich zum Aufgalopp gehen. Auf der Leipziger Pferderennbahn (Luftlinie 480m zu meiner Wohnung, gerade mit Google-Maps nachgemessen) dem berühmten Treiben beiwohnen. Hier gibt es teure Autos, große Hüte und schnelle Pferde. Aber ganz ehrlich, das ist nicht mein Ding. Ich habe mir das vor ein paar Jahren mal aus der Entfernung angesehen, und ich weiß echt nicht, was am Pferderennen so interessant ist. Vielleicht bin ich auch ein Kulturbanause, gut möglich. Andererseits gibt es genug Schriftsteller, die sich stark mit Pferderennen identifizieren, oder wie Bukowski identfiziert haben.

2. Man kann am Connewitzer Kreuz zugezogenen Schwaben aus Berlin zusehen, wie sie einmal im Jahr ihren Beitrag zur Gentrifizierung leisten. Das ist lustig, über die Jahre hinweg aber auch ein bisschen ermüdend.

Da bleibe ich doch heute gern zu Haus. Nun kann man mir vorwerfen, dass ich zu einer ordentlichen Mai-Demo hätte gehen können. Was ist das denn für einer? Schreibt über Arbeiter und geht am 1. Mai nicht zur Demo? Ja, schuldig, im Sinne der Anklage. Der schreibende Arbeiter geht morgen arbeiten, und hat keine Lust auf Arbeitergedöns am Sonntag.

Übrigens, diese Woche habe ich auf der Arbeit erfahren, dass der 1. Mai seinen Ursprung in Amerika hätte. Ich werde das jetzt nicht nachprüfen, vielmehr mag ich unreflektiert nachschwatzen, was mir da zu Ohren gekommen ist. Warum ich das hier erwähne? Nun, ich habe (wie unten auf dem Foto zu sehen ist) das große Los gezogen und fahre nach Amerika! Keine Angst, auch dort werde nicht zu Demonstrationen gehen oder ähnliches. Nein, viel besser! Ich darf im Oktober an der University of Idaho kreatives Schreiben unterrichten. Ja, wie krass ist das denn? Ich, der doch noch vor ein paar Monaten ein ganz beschauliches Leben im Arbeitermilieu geführt hatte, werde mit den dortigen Studierenden über deren Texte reden. Geil! Bis es soweit ist, könnt ihr mich auf diversen Lesungen treffen. Nächste Woche schon im Leipziger Hugendubel, dann bald in Berlin, Meißen, Dresden, Zürich und vielleicht sogar mal in Ulm. Lassen wir uns überraschen.

So, und ich gehe jetzt besser doch noch raus. Der Heli flattert nicht mehr über meinem Wohngebiet, die connewitzer Schwaben scheinen fertig zu sein.

Ps: Jetzt wollte ich noch einen kessen Witz machen und mich wie ein Schwabe hier verabschieden, aber anscheinend haben die bis auf „Adee“ keine eigenen Abschiedgrüßle. Unfassbarle, isch denn des zu glauben?

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Eintrag 0020

01.04.2022:

Der April könnte für mich ein „normaler“ Monat werden. Es sind für die nächsten Wochen keine Lesungen geplant und mein Terminkalender dünnt sich gerade ein wenig aus. Also minimal. Kommenden Dienstag habe ich Dreharbeiten mit dem MDR, ein paar weitere Termine stehen auch noch an. An den meisten Tagen aber habe ich die Nachmittage zur freien Verfügung. Und das ist gerade sehr ungewohnt. Ich komme nach Hause und muss nicht gleich los zum nächsten Termin, ich habe mal etwas Zeit für mich, und wenn ich ehrlich bin, muss ich jetzt herausfinden, was ich mit dieser Zeit anstelle.

Wenn das Wetter gut ist, kann ich mich auf eines meiner Räder setzen, dank Sommerzeit lohnt sich das endlich wieder. Ich wollte dieses Jahr 6000 Kilometer schaffen und bin gerade mal bei etwas mehr als 300. Vielleicht war das Ziel ein bisschen hochgegriffen. Andererseits habe ich mir vor ein paar Jahren das Ziel gesetzt, einen Roman zu publizieren. Und das war zu jener Zeit wirklich weit weg. Eigentlich war es unerreichbar damals. Das muss in diesen Tagen 13 Jahre her sein, dass ich mir das vorgenommen hatte. Damals dachte ich, dass ich das in einem, maximal zwei Jahren schaffen sollte. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass die Verlage auf meine Texte warten. Spoiler: taten sie nicht. Ich hatte nicht gleich verstanden warum, ließ mich aber nicht beirren und schrieb weiter. Hat halt 11 Jahre länger gedauert. Insofern werde ich meine 6000 Kilometer auf dem Rad schon schaffen. Vielleicht nicht in diesem Jahr. Wir werden sehen.

Vielleicht schaffe ich es, die freie Zeit zum Schreiben nutzen zu können. Das kam in letzter Zeit ein bisschen kurz. Andererseits ist das nicht schlimm. Ich habe momentan nicht ganz 30 Seiten Text. Ich gehe nicht davon aus, dass diese Seiten später in ein Buch einfließen werden, aber sie bringen mich langsam dorthin, wo ich hin will: Zu einer Idee, wie die Figuren sein können, wie sie heißen, wie sie leben und was sie vor sich haben. Bei diesem Stadium ist es gar nicht wichtig, ob in dem Text alles funktioniert, auch die Sprache muss noch nicht ganz rund sein. Das sind Dinge, die sich erst später ergeben. Im Moment ist es einfach nur wichtig Text zu produzieren, auch wenn er sich „schlecht“ anfühlt. Einfach machen! Mal sehen, wo es mich hinträgt.

Und wenn ich nicht zum Schreiben komme, ist das auch nicht schlimm. Denn dann heißt das, dass ich was ganz anderes gefunden habe, womit ich meine neue freie Zeit nutzen kann. Ich bin gespannt!

Hier unten noch ein Bild von einem Handwerker, zwei normalen Typen, einem Verleger, einem Schriftsteller, einem Lektor und zwei Freunden, die sich auf der Leipziger Pop-up Buchmesse getroffen haben:

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Eintrag 0019

18.03.2022:

Okay, ich gebe es zu. Ich dachte, dass, wenn ich meinen Roman veröffentliche, ich dann auch irgendwie Zeit habe, an etwas anderem zu arbeiten. Oder, dass ich mal gar nichts machen bräuchte, dass ich Ruhe hätte. Und ich dachte auch, dass ich es schaffen würde, auf meiner Website was reinhauen zu können.

Aber nein, es ist ganz anders. Es ist nicht zu schaffen. Es ist vollkommen krass. Mein Telefon steht kaum still und ich habe nicht das Gefühl, dass ich gerade der Herr über meine Zeit bin. Und das ist nicht schlimm, es macht so viel Spaß, ich lerne so viele nette Menschen kennen, es ist tatsächlich unbeschreiblich. Oft komme ich auch durcheinander, weiß gar nicht, welches der vielen Ereignisse wann geschehen war. Vor allem die letzte Woche war sehr voll. Heute vor einer Woche war ich mit Annika Büsing im Hessischen Literaturforum, wir hatten eine wunderschöne Lesung, und mit Christian Dinger einen sehr tollen Moderator. Vor allem hatten wir ein wunderbares Publikum.

Am Montag war ich dann in Berlin und habe mit dem Deutschlandfunk eine Aufnahme gemacht. Hier könnt ihr sie hören. Danke an Wiebke Porombka, Miriam Zeh und Gregor Sander!

Mittwoch war ein Kamerateam vom MDR mit mir den ganzen Tag unterwegs. Ich habe das Team mit auf zwei Baustellen genommen, später waren sie dann mit bei der Lesung in der Suedbrause. Danke, für diesen tollen Tag!

Und gestern war ich dem SWR2 zugeschalten, auch hier gibt es bereits einen Mitschnitt zum anhören. Grüße an Bernd Lechler, und hört euch den Beitrag an, er ist richtig gut!

Heute Abend habe ich eine der schönsten Lesungen, die man mir geben könnte, ich werde im Deutschen Literaturinstitut lesen. Darauf freue ich mich sehr! Und vielleicht werde ich dem einen oder anderen verraten, wie man die Studierenden des DLL zur Weißglut treiben kann! Es ist ganz einfach.

So, und jetzt knalle ich mich nochmal zwei Stunden aufs Sofa, höre Musik, und dann geht die Post ab. Pop-up-Buchmesse ist dieses Wochenende ja auch noch.

Nachtrag: Hinlegen wird nichts, gerade einen Anruf bekommen. Ein Leser möchte mich treffen. Wer bin ich, dass ich da nein sagen könnte?

Hier sind noch ein paar Bilder, unsortiert und unkommentiert, die meine letzten Tage zeigen:

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Eintrag 0018

28.02.2022:

Die letzten Tage waren ziemlich irre. Auf einmal war da ein richtig fetter Artikel in der TAZ, dann eine Besprechnung in der Berliner Zeitung, sowie ein Beitrag im MDR-Kultur. Dann kam noch eine Sendung vom Lokalradio Rostock dazu. Und dann noch die ganzen persönlichen Glückwünsche, die vielen Anrufe, Nachrichten, kleinen Auftritte in Buchhandlungen und die ersten Lesungen.

Jetzt ist für ein paar Tage Ruhe, und die brauche ich auch, das hat mir mein Körper gerade mehr als deutlich gezeigt. Nächste Woche geht es dann weiter, ich werde in Frankfurt am Main sein, dort gemeinsam mit Annika Büsing auftreten, und kurz danach ist dann auch schon die Buchmesse popup, die mein Verleger mal so eben nebenbei, gemeinsam mit Leif Greinus, aus dem Boden gestampft hat.

Zum Schreiben komme ich momentan nicht. Ich denke viel über die möglichen Themen nach, die im nächsten Buch besprochen werden könnten. Überlege mir Namen für die Figuren und denke über ihre Biografien nach. Ich muss dazu sagen, dass mein Debütroman die Messlatte ordentlich hoch gelegt hat. Ich bin mir oft auch nicht sicher, ob ich an dieses Niveau überhaupt herankommen kann. Wenn ich ab und an mal in dem Buch herumblättere, kann ich mir in dem Moment gar nicht vorstellen, dass ich das geschrieben habe. Also ich weiß ja, dass das von mir ist, kann mich auch daran erinnern diesen oder jeden Satz formuliert zu haben. Was mir gerade unvorstellbar erscheint, ist der Prozess drum herum. Und dabei ist das noch kein halbes Jahr her, dass ich die Arbeit an diesem Text beendet habe. Vielleicht heißt das aber auch, dass ich mit den Figuren und der Handlung abgeschlossen habe. Oft habe ich gehört, dass AutorInnen unzufrieden mit manchen Stellen in ihren Büchern sind, dass sie sogar bei Lesungen manche Stellen anders vorlesen, als sie im gedruckten Buch stehen. Das ist bei mir überhaupt nicht so, ich kann in aller Ruhe das Buch aufschlagen, darin herumblättern, und mich von der Geschichte treiben lassen. Ja, ich lese manchmal regelrecht in meinem eigenen Roman. Ich kann mir nichts schöneres vorstellen, und das macht mich auch wieder Hoffnungsvoll, dass ich es schaffen kann, diesen Zustand beim nächsten Roman auch zu erreichen. Vielleicht ist das sogar das Geheimnis: Man schreibt die Literatur, die man am liebsten selbst lesen möchte, wenn ich so an die Sache herangehe, dann kann das nächste Ding nur ein Kracher werden!

Achja, das Literaturforum im Brecht-Haus war so nett, und hat die Lesung letzte Woche ins Netz gestellt. Ein schönes Video, vor allem dank der großartigen Moderation von Miryam Schellbach!

Lesung im Literaturforum im Brecht-Haus. Moderiert von Miryam Schellbach.
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Eintrag 0017

19.02.2022:

Vor drei Tagen war es soweit, mein Roman ist erschienen. Die letzten Tage waren echt verrückt. Meine Kollegen waren vollkommen aus dem Häuschen, im Radio lief auf einmal eine Rezension zu meinem Buch, auf Instagramm wurde der Roman sehr wohlwollend aufgenommen. Am Abend war ich dann im Leipziger Hugendubel, und gab dort eine kleine Signierstunde. Das war schön. Die Runde dort war noch sehr klein, dafür aber umso persönlicher. Ich danke allen, die dabei waren.

Ich weiß nicht, ob ich das alles schon realisiert habe, vermutlich nicht, sicher wird es ein bisschen dauern, bis das wirklich bei mir ankommt. Aber: Ich war jetzt in ein paar Buchläden und tatsächlich, das Buch liegt in den Auslagen, man kann es kaufen. Vollkommen verrückt.

Heute Abend habe ich meine Releaselesung. Hierzu muss ich zugeben, dass ich meinen Kollegen am Mittwoch schon eine kleine persönliche Lesung gegeben habe. Vermutlich hätte man mich ohne auch nicht gehen lassen. Jedenfalls ist nachher der offiziele Auftakt. Es wird toll! Ich freu mich drauf, ich freu mich euch alle zu sehen, kennen zu lernen, mich mit euch zu unterhalten, und ich freue mich auf das viele Bier!

Wir sehen uns!

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Eintrag 0016

10.02.2022:

Momentan ist die Hölle los. In sechs Tagen erscheint mein Roman, immer wieder klingelt das Handy. Familie, Freunde, Kollegen melden sich, wollen wissen, wie das mit den Lesungen, und dem Buch überhaupt, nun ist und wünschen mir viel Erfolg und Glück.

Danke! Vom ganzen Herzen Danke. Wenn ich momentan nicht immer die Zeit für euch habe, die ich gerne hätte, dann nehmt mir das bitte nicht krumm.

Dann melden sich Journalisten, wollen mit mir Aufnahmen machen, Interviews führen, haben Fragen zu meinem Buch, und wollen wissen, wer ich überhaupt bin. Das ist vollkommen irre, und ich ahne, dass das ab der nächsten Woche noch viel intensiver werden wird. Ich habe noch keine Worte gefunden, für das, was da gerade passiert, aber ich kann sagen, dass es sich wirklich toll anfühlt.

Gestern wurde dann auch noch die Buchmesse abgesagt, nicht weil es kein Hygienekonzept gab, nein, daran lag es nicht. Am Ende geht es darum, dass die großen, westdeutschen Verlagshäuser keinen Bock haben hier her zu kommen, wenn man auch alles online vermarkten kann. Das ist sehr schade, und ich habe die ernsthafte Befürchtung, dass es der Leipziger Buchmesse sehr schwerfallen wird, sich davon zu erholen. Leipzig hat in den letzten Jahren sehr viele große Messen verloren. Die Games-Convention ging nach Köln, die Automesse Leipzig wurde eingestellt, und nun findet die Buchmesse zum dritten Mal nicht mehr statt. Das ist ein Problem, nicht für die Konzernverlage, aber für die Stadt und ihr kulturelles Selbstverständnis und ihre Identität. Ich habe den Verdacht, dass wenn eines der großen Häuser noch in Leipzig sitzen würde, die Buchmesse hier natürlich stattfinden würde. Da gäbe es gar keine Diskussion. Aber Leipzig ist, und das muss man sich eingestehen, eine Provinzhauptstadt im tiefsten Osten. Man muss nicht einmal die Stadtgrenzen verlassen, um zu sehen, wie weit abgehangen viele Menschen in dieser Stadt sind. Und drum herum sieht es nicht besser aus.

Umso schöner ist es, dass viele unabhängige Verlage, Buchhandlungen und Veranstaltungsorte nun dennoch bestimmt und selbstbewusst gesagt haben, dass sie Veranstaltungen zum Buchmessenwochenende stattfinden lassen werden.

Und das schöne ist: Zum Lesen, für Lesungen und zum zusammenkommen von AutorInnen und LeserInnnen braucht es keine Messe. Und schon gar keine Großverlage.

Deshalb Danke an alle, die diese Stadt nicht aufgeben. Machen wir das beste daraus!

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Eintrag 0015

29.01.2022:

Vor drei Tagen war ich mit meiner guten Freundin Maxi in der Suedbrause bei Freunden. Dort wird in drei Wochen auch die erste Lesung aus meinem Roman „Aus unseren Feuern“ stattfinden. Maxi und ich haben uns über meinen Roman unterhalten, darüber gesprochen wie es ist, einen Text zu überarbeiten, den Figuren Tiefgang zu geben und noch viel mehr!

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Eintrag 0014

22.01.2022:

Heute Nachmittag kam ein Paket von meinem Verleger, Gunnar Cynybulk. Im Paket mehrere Exemplare meines Romans. Es gibt keine Worte für dieses Gefühl, sein eigenes Werk zum ersten Mal in den Händen zu halten, deswegen will ich das hier gar nicht erst versuchen. Nur eins sei verraten: Es fühlt sich sehr toll an.

Das wäre ohne die Hilfe von Maxi, Moritz, Gunnar, Ludwig, Karo, Susanne, Jan, Martin und so vielen anderen nicht möglich gewesen. Ich möchte euch dafür danken. Prost!

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Eintrag 0013

02.01.2022:

Heute gibt es was auf die Ohren!

Viel Spaß!

Aus unseren Feuern – Hörprobe.
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Eintrag 0012

26.12.2021:

Gestern war ich in Beetzendorf und habe mir den stillgelegten Bahnhof angesehen. Seit gut zwanzig Jahren fährt hier kein Zug mehr. Früher konnte man von hier nach Salzwedel oder Oebisfelde fahren. Und noch viel früher auch in kleinere Ortschaften wie Diesdorf oder Kalbe/Milde.

Ich habe alte Fotos gesehen, die um die Jahrhundertwende aufgenommen wurden. Eine ganze Abordnung von Eisenbahnern, die vor diesem Gebäude sich ablichten ließen, den Blick fest in die Zukunft gerichtet. Die Zukunft ist vorbei, das Gebäude hat seine Funktion, vor allem aber seinen Glanz verloren. Den Gebäuden drum herum geht es nicht besser.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Bahnhof weitere zwanzig Jahre Leerstand übersteht. Wie hier, sehen viele, praktisch alle Bahnhöfe in der Gegend aus. Das Stein gewordene Zukunftsversprechen hat ausgedient. Bahnhöfe als Dorf- und Lebensmittelpunkte werden nicht mehr gebraucht. Wer kein Auto hat, bleibt wo er ist, dem Rest steht die weite Welt offen. 

In den Neunzigern ist mein Opa regelmäßig zum Bahnhof gegangen und hat ihn von allen Seiten fotografiert und ausgemessen. Zu Hause hat er Grund- und Seitenrisse vom Hauptgebäude angefertigt. Dann hat er ihn für seine Modelleisenbahn nachgebaut. Neben ihm sitzend und zuschauend, wollte ich damals wissen warum er das macht. Er sagte dann, dass es Sachen gibt, die man für die Nachwelt erhalten muss. Als ich ihm vor zwei Tagen davon erzählt habe, hat er schelmisch gegrinst.

Mal schauen, ob ich es schaffen werde diesen Bahnhof zu erhalten. Wenn hier im wirklichen Leben schon keine Züge mehr fahren, so werden sie es vielleicht irgendwann in der Literatur wieder. Und dort sind sie dann auch sicher vor der Zukunft. 

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