Beitrag 0027

21.01.2023:

Schreiben, schreiben, schreiben. Dann wieder lesen, löschen, korrigieren, streichen, neu schreiben, anders anordnen und dann alles von vorn. So sieht er aus, mein derzeiter Alltag. Buch zwei ist in Arbeit, es geht voran, wird aber noch ein bisschen dauern, bis ich an dieser Stelle konkreter werden möchte.

Demnächst stehen wieder ein paar Lesungen an. Wir sehen uns in Berlin, mehrmals in Leipzig und auch in Gießen. Kommt gerne rum, ich freue mich auf euch!

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Eintrag 0025

08.11.2022:

Seit nun schon über zwei Wochen bin ich wieder in Deutschland. Und während ich diese Zeilen schreibe, höre ich mir selbst zu, wie ich in der Gesprächszeit auf Radio Bremen 2 ein Interview gebe, das im Sommer in Berlin aufgenommen wurde. In dem Interview spreche ich davon, wie es ist als Handwerker in der Kulutwelt aktiv zu sein. Poet und Prolet halt.

Meine Zeit in Amerika war schön. Zwei Wochen Reise, dann zwei Wochen Dozentur in Idaho. Ich hatte eine Klasse GermanistikstudentInnen, denen ich beibrachte, wie man in sechs Schritten eine Kurzgeschichte schreibt. In einer der Stunden formulierte ich die Formel: Alltagssituation + Konflikt + Plottwist + Ende = Kurzgeschichte. Es würde mich stark interessieren, wie ich mit dieser Formel in den deutschen Schreibschulen ankommen würde. Ein Versuch wäre es ja wert.

Ich weiß natürlich, dass man Literatur nicht auf eine Formel reduzieren kann. Es gibt viele Wege eine funktionierende Geschichte zu schreiben. Bei weitem kenne ich nicht alle. Aber es war mit dieser Formel möglich, ein Gerüst für eine Kurzgeschichte vorzuformulieren. Ein paar der Texte haben sich stark daran orientiert, andere sind weit weg davon gewesen. Und das war besonders toll, diese Geschichten waren so verschieden konzipiert, dass ich mich manchmal gefragt hatte, wer hier gerade mehr lernt: Die Studierenden oder ich. Eine Antwort darauf habe ich nicht.

Dazu konnte ich Ideen und Eindrücke sammeln, die ich noch lange nicht verarbeitet habe. Das wird noch eine ganze Zeit lang dauern. Manchmal werde ich gefragt, was das schönste an der Zeit in Amerika war. Ich habe darauf mehrere Antworten, eine dieser Antworten ist, dass ich diese Reise nicht alleine gemacht habe. Eine andere Antwort ist: Die Reise selbst. Mit dem Auto durch die Wüste, endlich in den Landschaften stehen, die mir Cormac McCarthy in seinen Büchern beschrieben hat. Zu Fuß über die Golden-Gate-Bridge – wobei, das ist in der Vorstellung dann doch deutlich romantischer, als in der Realität. Über die Brücke zu gehen ist schön. Man kann auf die Gefägnisinsel Alcatraz schauen, sieht die Stadt, kann auf den Pazifik schauen. Gleichzeitig hört man den Lärm von vielen Autos, die an einem vorbeifahren. Und das ist wirklich sehr, sehr laut. Abends sind wir dann mit den Cable-Cars durch San Francisco gefahren. Ein abgefahrenes, wunderschönes Erlebnis. Und dann ging es weiter, immer am Pazifik entlang Richtung Norden. Und irgendwann waren wir in dem kleinen Ort Moscow, ich unterrrichtete an der University of Idaho und nun bin ich wieder hier, höre mir selbst im Radio zu und schreibe diese Zeilen.

Und wenn alles gut läuft, kann ich auch bald von den Fortschritten von meinem neuem Romanprojekt berichten. Ich freue mich drauf!

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Eintrag 0024

Oct 5th, 2022:

Hi guys! Ich habe längere Zeit nichts mehr von mir hören lassen. Die letzten Wochen waren ziemlich verrückt. Für den Preis in Hamburg nominiert, plötzlich in dieser Diskussion verwickelt und die Medienanfragen drumherum. Die Lesung in Hamburg war an einem Freitag, am Tag darauf hatte ich eine weitere Lesung im Kapitel10, Zürich. Acht Stunden ICE. Das ist auch so eine Erfahrung. Ich weiß gar nicht, was ich da die ganze Zeit gemacht habe. Aber wenn ihr mal in Zürich seid, schaut unbedingt bei Andreas vorbei. Er hat eine wirklich schöne Buchhandlung und Kaffee gibt es auch noch.

Und dann ist da noch die Sache mit Amerika, wegen der ihr hier alle rumschnüffelt. Vor nicht ganz zwei Wochen bin ich in Las Vegas gelandet, war im Yosemity-Nationalpark, San Francisco und hänge nun in einem sehr zwielichtigen Motel in Eureka ab. Mal schauen wann die Tür auffliegt und und ich in einen Kofferraum geworfen werde. Wenn ich Glück habe, und man mich verschont, geht es gleich weiter nach North Bend. Immer schön am Pazifik entlang. Dann morgen an den Crater Lake und in ein paar Tagen bin ich dann in Idaho, wo mich die Universität erwartet.

Mehr von mir, wenn ich wieder in Deutschland bin! Im Oktober und November gibt es übrigens wieder richtig viele Lesungen mit mir. Kommt zahlreich, bringt eure FreundInnen und Familie mit. Ich freue mich auf euch!

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Eintrag 0023

07.09.2022:

Statement zum Klaus-Michael Kühne-Preis.

DIE ZEIT hat mich um eine Stellungnahme zur aktuellen Debatte um den Klaus-Michael Kühne-Preis gebeten, für den ich dieses Jahr nominiert bin. Der folgende Text basiert auf der Antwort an DIE ZEIT. Persönliche Ansprachen an die Redaktion wurden von mir entfernt, Aussage und Sinn des Textes blieben vollständig erhalten.

Der daraus resultierende Artikel der ZEIT ist hier zu finden.

Ende Juli bekam ich eine E-Mail der Untiefen-Redaktion aus Hamburg. In dieser Mail wurden mir Glückwünsche zur Nominierung für den Klaus-Michael Kühne-Preis übermittelt. Weiterhin wurde mir die Geschichte der Firma Kühne + Nagel präsentiert, die öffentlich weitgehend bekannt ist. Im Artikel des Magazins wurde Herr Kühne dann dafür kritisiert, dass er keine öffentliche Aufarbeitung der Geschichte seines Konzerns zulässt, insbesondere der Zeit des Nazi-Regimes, in der sich die Firma Kühne + Nagel bereichert hat.

Ich zitiere aus der Mail der Untiefen:

„Doch fragen wir uns – und Sie: Wenn die öffentliche Ablehnung des Preises keine sinnvolle Option ist, was könnten dann alternative Wege sein, mit dem problematischen Hintergrund des Preises und seines Stifters dennoch Umgang zu finden?“

Hierauf habe ich den Untiefen geantwortet, dass ich es vor allem als problematisch ansehe, dass die öffentliche Kulturförderung sich immer weiter zurückzieht. Als Beispiel erwähnte ich den MDR-Literaturpreis, der bis 2015 jährlich vergeben und dann ohne Not kassiert wurde. In diese Lücke stoßen private Finanziers, die die fehlende öffentliche Förderung ersetzen. In meiner E-Mail habe ich darauf hingewiesen, dass die Hamburger Jury frei in Ihrem Handeln und der Preis meiner Meinung nach sehr gut kuratiert ist. Es ist mir eine große Ehre und Freude, mit AutorInnen wie Annika Büsing und Daniel Schulz in einer Reihe zu stehen. Auch die Betreuung seitens des Festivals ist sehr angenehm, die Rahmenbedingungen um den Preis herum sind erstklassig. Tatsächlich kenne ich keine Veranstaltung, die sich derart intensiv nur um DebütantInnen kümmert.

Bleibt da noch die Sache mit Kühne . Dass Herr Kühne die Nazi-Vergangenheit seiner Firma nicht aufarbeitet, ist falsch, ich verstehe seine Weigerung nicht. Würde er sich zu dem Schritt entschließen, wie es etwa die Familie Quandt getan hat, würde Klarheit herrschen. Das Deutschland der Gegenwart ist eine postfaschistische Gesellschaft. Noch immer leben Opfer und deren Peiniger unter uns. Zahlreiche deutsche Konzerne wie Kühne + Nagel, Volkswagen, BASF, Deutsche Bank, Deutsche Bahn, Daimler-Benz, Siemens, Henkel, Karstadt, Kaufhof haben aktiv dem Nationalsozialismus Vorschub geleistet, von ihm profitiert, Menschen bis zum Tod auf widerlichste Art und Weise ausgebeutet und gleichzeitig andere Menschen sehr reich gemacht. Deutscher Reichtum ist in vielen, wenn nicht sogar in den meisten Fällen auf dem Rücken der Opfer der NS-Zeit entstanden. So zu tun, als wäre alles in Ordnung, wenn Herr Kühne die NS-Vergangenheit aufarbeiten ließe, wäre auch falsch. Wir haben ein strukturelles Gesellschaftsproblem, zu dem wir AutorInnen uns individuell verhalten sollen.

Meine Haltung ist diese: Sollte ich diesen Preis gewinnen, werde ich das Geld annehmen. Einen beträchtlichen Teil werde ich dem Miteinander e.V. spenden, der Opfer rechter Gewalt betreut. Das restliche Geld benötige ich, um frei schreiben und arbeiten zu können. Ich entstamme einfachen Verhältnissen und musste mir bereits in jungen Jahren meinen Lebensunterhalt komplett selbst verdienen.

Zum Preis an sich: Die Jury ist, wie erwähnt, frei in ihrem Handeln. Gestandene Persönlichkeiten, wie unter anderem Judith Liere und Felix Bayer, werden sich wohl kaum von Klaus-Michael Kühne diktieren lassen, wer diesen Preis zu gewinnen hat. Wichtig ist mir: Die nominierten SchriftstellerInnen haben tolle Debüts hingelegt, die nun ihre wohlverdiente Aufmerksamkeit bekommen sollten.

Natürlich wünsche ich mir Alternativen zum Mäzenatentum einzelner. Warum gibt es keine Literaturförderung, die SchriftstellerInnnen in der Breite fördert, sodass diese gar nicht auf solche Preise angewiesen wären? Wie wäre es mit einem ZEIT-Literaturpreis? Warum lassen wir es als Gesellschaft überhaupt zu, dass sich Milliardäre so verhalten können, wie Kühne es tut? Der Mann lebt in der Schweiz, zahlt praktisch keine Steuern in Deutschland. Das erscheint mir problematischer, als dass er seinen Namen auf einen Preis schreiben und diesen, wohlgemerkt sehr professionell, organisieren lässt. Und wäre es nicht an der Zeit, dass wir, und da darf DIE ZEIT gern vorneweg gehen, ernsthaft über eine Umverteilung der Vermögen in Deutschland sprechen? Seit Jahrzehnten fließt das Geld in immer größeren Strömen zu den immer gleichen Leuten. 10.000 Euro davon sollen zurückfließen. TrägerInnen des Klaus-Michael Kühne-Preises waren unter anderem Christian Baron, Olga Grjasnowa und viele weitere SchriftstellerInnen, die auch Dank dieses Preises Ihren eigenen, selbstbestimmten Weg als KünstlerInnen beginnen konnten.

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Eintrag 0022

07.06.2022:

Diesen Monat gibt es einen ganz kleinen Auzug von mir im Magazin der Deutschen Bahn, DB-Mobil (Seite 51). In meiner Naivität dachte ich, dass die Bahn richtig viel Text von mir haben will, und habe dementsprechend in die Tastatur gehauen.
Naja, wie soll ich sagen, es war ein bisschen zu viel Text. Es fällt mir in der Tat nicht immer leicht, mich kurz zu fassen. Meinem Roman hätte ich locker um 100 Seiten erweitern können. Inzwischen ist es so, dass ich auf meinen Lesungen oft von den Hintergründen der Figuren erzähle. Für mich ist da so viel mehr in den Charaktären, als dann tatsächlich im Buch gezeigt wird. Die Väter von Heiko und Thomas haben eine komplexe Vorgeschichte miteinander, aus der allein man einen ganzen Roman spinnen könnte.

Aber darum soll es heute nicht gehen und ich bin schon wieder vom Thema abgekommen. Wie bereits gesagt, durfte ich etwas für die Deutsche Bahn schreiben. Die kleine Version meines Textes finde ich ganz schön, aber ich gebe zu, dass ich die lange Version noch etwas schöner finde. Das hat auch ganz viel mit dieser Website hier zu tun. Vor einem halben Jahr habe ich hier an dieser Stelle von meinen Recherchen am Beetzendorfer Bahnhof geschrieben. Der Text im Heft der Bahn schließt nahtlos daran an, denn die Bahn wollte Orte genannt bekommen, an denen ich mich zum Schreiben inspierieren lasse. Ja, und was kann es da schöneres im Heft der Bahn geben, als einen kleinen Text zu einem Bahnhof?

Hier ist er:

Der Beetzendorfer Bahnhof war in meiner Jugend ein beständiger Fixpunkt. Jeden Mittwoch fuhr ich von hier mit der Ferkeltaxe nach Salzwedel. Diese wöchentlichen Fahrten waren mein erster Versuch eines Aufbruchs in ein selbstständiges Leben. Raus aus dem kleinen Dorf, rein in die kleine Provinzstadt. Hier konnte ich ganz vornehm Baumkuchen essen, kindisch den Spielwarenladen auf der Neuperverstraße plündern und schon fast Erwachsen Schmuddelhefte im Sexshop einsacken. Dann, am Abend, ging es zurück in die graugrüne Ferkeltaxe, die mich langsam, über die Felder tuckernd, zum Beetzendorfer Bahnhof zurückbrachte.

In den Jahren seiner Erbauung lag der Bahnhof am südlichen Ende des Dorfes. Nach und nach wuchs der Ort über die Schienen hinweg, er spiegelte sich praktisch an den Gleisen, sodass der Bahnhof heute in der Mitte liegt. Ein kleiner Vorplatz ähnelt einem Markt, früher gab es eine Kneipe im, und eine Eisdiele am Bahnhof. Beides ist verschwunden, nur der Getränkemarkt in unmittelbarer Nähe zeugt noch von der alten Geschäftstüchtigkeit.

Auch wenn seit gut zwanzig Jahren keine Ferkeltaxe mehr hier Halt macht, mag ich diesen Bahnhof. Sein Anblick erzählt viel von dem Ort. Steht man auf dem alten und schiefen Gleispflaster, so fällt es nicht schwer sich vorzustellen, wie hier Menschen ein- und ausstiegen, wie Besoffene aus der Kneipe und in die Züge torkelten, wie Fracht ent- und beladen wurde. Man kann sogar die Schweine riechen, die in die Züge getrieben wurden, und die der Namensgeber der Schienenbusse waren, die hier stündlich hielten. Und jedes Mal wenn ich hier stehe, sehe ich auf den kleinen Schrankenwärterturm und höre das Läuten der Glocken, wenn die Frau im Turm die Schranken herunterkurbelte. Sogar ihre Bewegungen habe ich noch präzise vor Augen.

Der Leipziger Bahnhof lädt zum Flanieren, der Frankfurter ist berüchtigt und der Stuttgarter bald unter der Erde. Der Beetzendorfer Bahnhof jedoch, ist ein Überbleibsel aus einer anderen, längst vergangenen Zeit. Wer hier einstieg, fuhr nach Oebisfelde oder Salzwedel. Links und rechts der Bahnstrecke Kartoffeläcker, Weizenfelder und Kiefernwälder. Altes, märkisches Land. Von Oebisfelde ging es weiter nach Magdeburg. Und wer ganz weit weg wollte, der konnte vor hundert Jahren in Salzwedel auf die Amerikalinie umsteigen, und dort seinen großen Träumen nachjagen. Amerika. In Beetzendorf fing dieser Traum an.

Und das macht diesen Bahnhof so schön, auch wenn er die besten Zeiten schon lange hinter sich hat: Noch heute lädt er zum Träumen ein.

Und an dieser Stelle sei eins verraten: In meinem nächsten Roman wird dieser Bahnhof nicht nur einmal auftauchen. Von irgendwo müssen die Figuren ja aufbrechen, wenn sie in die große Welt wollen. Genau wie ich damals.

Und weil die Phantasie so schön sein kann, werde ich heute kein Bild vom Bahnhof posten. Habt einen schönen Juni! Wir sehen uns diesen Monat noch in Dresden und in Köln, ich freu mich auf euch!

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Eintrag 0021

01.05.2022:

Ich traue es mich gar nicht zu sagen, aber es ist schon später Nachmittag und ich habe heute noch keinen Fuß vor die Tür gesetzt. Dabei ist der 1. Mai ein wichtiger Tag für einen ordentlichen Leipziger, denn es gibt genau zwei Dinge, die er an diesem Tag ausüben sollte:

1. Natürlich zum Aufgalopp gehen. Auf der Leipziger Pferderennbahn (Luftlinie 480m zu meiner Wohnung, gerade mit Google-Maps nachgemessen) dem berühmten Treiben beiwohnen. Hier gibt es teure Autos, große Hüte und schnelle Pferde. Aber ganz ehrlich, das ist nicht mein Ding. Ich habe mir das vor ein paar Jahren mal aus der Entfernung angesehen, und ich weiß echt nicht, was am Pferderennen so interessant ist. Vielleicht bin ich auch ein Kulturbanause, gut möglich. Andererseits gibt es genug Schriftsteller, die sich stark mit Pferderennen identifizieren, oder wie Bukowski identfiziert haben.

2. Man kann am Connewitzer Kreuz zugezogenen Schwaben aus Berlin zusehen, wie sie einmal im Jahr ihren Beitrag zur Gentrifizierung leisten. Das ist lustig, über die Jahre hinweg aber auch ein bisschen ermüdend.

Da bleibe ich doch heute gern zu Haus. Nun kann man mir vorwerfen, dass ich zu einer ordentlichen Mai-Demo hätte gehen können. Was ist das denn für einer? Schreibt über Arbeiter und geht am 1. Mai nicht zur Demo? Ja, schuldig, im Sinne der Anklage. Der schreibende Arbeiter geht morgen arbeiten, und hat keine Lust auf Arbeitergedöns am Sonntag.

Übrigens, diese Woche habe ich auf der Arbeit erfahren, dass der 1. Mai seinen Ursprung in Amerika hätte. Ich werde das jetzt nicht nachprüfen, vielmehr mag ich unreflektiert nachschwatzen, was mir da zu Ohren gekommen ist. Warum ich das hier erwähne? Nun, ich habe (wie unten auf dem Foto zu sehen ist) das große Los gezogen und fahre nach Amerika! Keine Angst, auch dort werde nicht zu Demonstrationen gehen oder ähnliches. Nein, viel besser! Ich darf im Oktober an der University of Idaho kreatives Schreiben unterrichten. Ja, wie krass ist das denn? Ich, der doch noch vor ein paar Monaten ein ganz beschauliches Leben im Arbeitermilieu geführt hatte, werde mit den dortigen Studierenden über deren Texte reden. Geil! Bis es soweit ist, könnt ihr mich auf diversen Lesungen treffen. Nächste Woche schon im Leipziger Hugendubel, dann bald in Berlin, Meißen, Dresden, Zürich und vielleicht sogar mal in Ulm. Lassen wir uns überraschen.

So, und ich gehe jetzt besser doch noch raus. Der Heli flattert nicht mehr über meinem Wohngebiet, die connewitzer Schwaben scheinen fertig zu sein.

Ps: Jetzt wollte ich noch einen kessen Witz machen und mich wie ein Schwabe hier verabschieden, aber anscheinend haben die bis auf „Adee“ keine eigenen Abschiedgrüßle. Unfassbarle, isch denn des zu glauben?

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Eintrag 0020

01.04.2022:

Der April könnte für mich ein „normaler“ Monat werden. Es sind für die nächsten Wochen keine Lesungen geplant und mein Terminkalender dünnt sich gerade ein wenig aus. Also minimal. Kommenden Dienstag habe ich Dreharbeiten mit dem MDR, ein paar weitere Termine stehen auch noch an. An den meisten Tagen aber habe ich die Nachmittage zur freien Verfügung. Und das ist gerade sehr ungewohnt. Ich komme nach Hause und muss nicht gleich los zum nächsten Termin, ich habe mal etwas Zeit für mich, und wenn ich ehrlich bin, muss ich jetzt herausfinden, was ich mit dieser Zeit anstelle.

Wenn das Wetter gut ist, kann ich mich auf eines meiner Räder setzen, dank Sommerzeit lohnt sich das endlich wieder. Ich wollte dieses Jahr 6000 Kilometer schaffen und bin gerade mal bei etwas mehr als 300. Vielleicht war das Ziel ein bisschen hochgegriffen. Andererseits habe ich mir vor ein paar Jahren das Ziel gesetzt, einen Roman zu publizieren. Und das war zu jener Zeit wirklich weit weg. Eigentlich war es unerreichbar damals. Das muss in diesen Tagen 13 Jahre her sein, dass ich mir das vorgenommen hatte. Damals dachte ich, dass ich das in einem, maximal zwei Jahren schaffen sollte. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass die Verlage auf meine Texte warten. Spoiler: taten sie nicht. Ich hatte nicht gleich verstanden warum, ließ mich aber nicht beirren und schrieb weiter. Hat halt 11 Jahre länger gedauert. Insofern werde ich meine 6000 Kilometer auf dem Rad schon schaffen. Vielleicht nicht in diesem Jahr. Wir werden sehen.

Vielleicht schaffe ich es, die freie Zeit zum Schreiben nutzen zu können. Das kam in letzter Zeit ein bisschen kurz. Andererseits ist das nicht schlimm. Ich habe momentan nicht ganz 30 Seiten Text. Ich gehe nicht davon aus, dass diese Seiten später in ein Buch einfließen werden, aber sie bringen mich langsam dorthin, wo ich hin will: Zu einer Idee, wie die Figuren sein können, wie sie heißen, wie sie leben und was sie vor sich haben. Bei diesem Stadium ist es gar nicht wichtig, ob in dem Text alles funktioniert, auch die Sprache muss noch nicht ganz rund sein. Das sind Dinge, die sich erst später ergeben. Im Moment ist es einfach nur wichtig Text zu produzieren, auch wenn er sich „schlecht“ anfühlt. Einfach machen! Mal sehen, wo es mich hinträgt.

Und wenn ich nicht zum Schreiben komme, ist das auch nicht schlimm. Denn dann heißt das, dass ich was ganz anderes gefunden habe, womit ich meine neue freie Zeit nutzen kann. Ich bin gespannt!

Hier unten noch ein Bild von einem Handwerker, zwei normalen Typen, einem Verleger, einem Schriftsteller, einem Lektor und zwei Freunden, die sich auf der Leipziger Pop-up Buchmesse getroffen haben:

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Eintrag 0019

18.03.2022:

Okay, ich gebe es zu. Ich dachte, dass, wenn ich meinen Roman veröffentliche, ich dann auch irgendwie Zeit habe, an etwas anderem zu arbeiten. Oder, dass ich mal gar nichts machen bräuchte, dass ich Ruhe hätte. Und ich dachte auch, dass ich es schaffen würde, auf meiner Website was reinhauen zu können.

Aber nein, es ist ganz anders. Es ist nicht zu schaffen. Es ist vollkommen krass. Mein Telefon steht kaum still und ich habe nicht das Gefühl, dass ich gerade der Herr über meine Zeit bin. Und das ist nicht schlimm, es macht so viel Spaß, ich lerne so viele nette Menschen kennen, es ist tatsächlich unbeschreiblich. Oft komme ich auch durcheinander, weiß gar nicht, welches der vielen Ereignisse wann geschehen war. Vor allem die letzte Woche war sehr voll. Heute vor einer Woche war ich mit Annika Büsing im Hessischen Literaturforum, wir hatten eine wunderschöne Lesung, und mit Christian Dinger einen sehr tollen Moderator. Vor allem hatten wir ein wunderbares Publikum.

Am Montag war ich dann in Berlin und habe mit dem Deutschlandfunk eine Aufnahme gemacht. Hier könnt ihr sie hören. Danke an Wiebke Porombka, Miriam Zeh und Gregor Sander!

Mittwoch war ein Kamerateam vom MDR mit mir den ganzen Tag unterwegs. Ich habe das Team mit auf zwei Baustellen genommen, später waren sie dann mit bei der Lesung in der Suedbrause. Danke, für diesen tollen Tag!

Und gestern war ich dem SWR2 zugeschalten, auch hier gibt es bereits einen Mitschnitt zum anhören. Grüße an Bernd Lechler, und hört euch den Beitrag an, er ist richtig gut!

Heute Abend habe ich eine der schönsten Lesungen, die man mir geben könnte, ich werde im Deutschen Literaturinstitut lesen. Darauf freue ich mich sehr! Und vielleicht werde ich dem einen oder anderen verraten, wie man die Studierenden des DLL zur Weißglut treiben kann! Es ist ganz einfach.

So, und jetzt knalle ich mich nochmal zwei Stunden aufs Sofa, höre Musik, und dann geht die Post ab. Pop-up-Buchmesse ist dieses Wochenende ja auch noch.

Nachtrag: Hinlegen wird nichts, gerade einen Anruf bekommen. Ein Leser möchte mich treffen. Wer bin ich, dass ich da nein sagen könnte?

Hier sind noch ein paar Bilder, unsortiert und unkommentiert, die meine letzten Tage zeigen:

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Eintrag 0018

28.02.2022:

Die letzten Tage waren ziemlich irre. Auf einmal war da ein richtig fetter Artikel in der TAZ, dann eine Besprechnung in der Berliner Zeitung, sowie ein Beitrag im MDR-Kultur. Dann kam noch eine Sendung vom Lokalradio Rostock dazu. Und dann noch die ganzen persönlichen Glückwünsche, die vielen Anrufe, Nachrichten, kleinen Auftritte in Buchhandlungen und die ersten Lesungen.

Jetzt ist für ein paar Tage Ruhe, und die brauche ich auch, das hat mir mein Körper gerade mehr als deutlich gezeigt. Nächste Woche geht es dann weiter, ich werde in Frankfurt am Main sein, dort gemeinsam mit Annika Büsing auftreten, und kurz danach ist dann auch schon die Buchmesse popup, die mein Verleger mal so eben nebenbei, gemeinsam mit Leif Greinus, aus dem Boden gestampft hat.

Zum Schreiben komme ich momentan nicht. Ich denke viel über die möglichen Themen nach, die im nächsten Buch besprochen werden könnten. Überlege mir Namen für die Figuren und denke über ihre Biografien nach. Ich muss dazu sagen, dass mein Debütroman die Messlatte ordentlich hoch gelegt hat. Ich bin mir oft auch nicht sicher, ob ich an dieses Niveau überhaupt herankommen kann. Wenn ich ab und an mal in dem Buch herumblättere, kann ich mir in dem Moment gar nicht vorstellen, dass ich das geschrieben habe. Also ich weiß ja, dass das von mir ist, kann mich auch daran erinnern diesen oder jeden Satz formuliert zu haben. Was mir gerade unvorstellbar erscheint, ist der Prozess drum herum. Und dabei ist das noch kein halbes Jahr her, dass ich die Arbeit an diesem Text beendet habe. Vielleicht heißt das aber auch, dass ich mit den Figuren und der Handlung abgeschlossen habe. Oft habe ich gehört, dass AutorInnen unzufrieden mit manchen Stellen in ihren Büchern sind, dass sie sogar bei Lesungen manche Stellen anders vorlesen, als sie im gedruckten Buch stehen. Das ist bei mir überhaupt nicht so, ich kann in aller Ruhe das Buch aufschlagen, darin herumblättern, und mich von der Geschichte treiben lassen. Ja, ich lese manchmal regelrecht in meinem eigenen Roman. Ich kann mir nichts schöneres vorstellen, und das macht mich auch wieder Hoffnungsvoll, dass ich es schaffen kann, diesen Zustand beim nächsten Roman auch zu erreichen. Vielleicht ist das sogar das Geheimnis: Man schreibt die Literatur, die man am liebsten selbst lesen möchte, wenn ich so an die Sache herangehe, dann kann das nächste Ding nur ein Kracher werden!

Achja, das Literaturforum im Brecht-Haus war so nett, und hat die Lesung letzte Woche ins Netz gestellt. Ein schönes Video, vor allem dank der großartigen Moderation von Miryam Schellbach!

Lesung im Literaturforum im Brecht-Haus. Moderiert von Miryam Schellbach.
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