Beitrag 0042

22.05.2025:

Heute berichtete die Volksstimme Salzwedel über meinen letzten Beitrag auf dieser Website. Ich finde es sehr gut, dass hierzu auch O-Töne von Herrn Böder der CDU eingeholt wurden.

Der Artikel merkt an, dass ich teilweise unsachlich argumentiere, was ich nicht verneinen kann. Es fällt mir tatsächlich schwer sachlich zu bleiben, wenn eine demokratische Partei gemeinsam mit einer nachgewiesen rechtsextremen Partei Kulturgelder ablehnt und die Folge ist, dass es weniger kulturelle und soziale Projekte in Salzwedel gibt.

Ja, da fällt es mir schwer sachlich zu bleiben.

Die CDU Salzwedel hat bis heute nicht auf meine Einladungs-E-Mail reagiert. Auch der Volksstimme gegenüber äußert man sich nicht zu der E-Mail, die ich an die CDU Salzwedel geschickt hatte. „Von einer Einladung der CDU Stadträte sei ihm zudem nichts bekannt“, so zitiert die Volksstimme den Stadtrat Thomas Böder.

Stattdessen verlautbart Böder im selben Artikel zu meinem Beitrag auf dieser Seite: „Selten habe ich einen Beitrag gelesen, der so sehr auf Spaltung setzt und so wenig an Fakten interessiert ist.“

Man wirft mir vor mit der Art meiner Debattenkultur der Demokratie im Ganzen zu schaden. Die abschließenden Worte des Artikels sind ein Zitat Böders: „Unser Anspruch ist ein anderer: Klarheit in der Sache, Respekt im Ton und Verantwortung für unsere Stadt.“

Herrn Böder möchte ich an dieser Stelle sagen, dass ich ihn ernst nehme und natürlich auch respektiere. Man darf mir auch sehr gerne vorwerfen, dass ich emotional bin, soll mich nicht stören. Dennoch war ich immer auf Kommunikation bedacht. Spaltung ist nun echt nicht mein Ding. Um dies zu untermauern, veröffentliche ich hier im Ganzen den Text der E-Mail, die ich an die CDU Salzwedel geschickt hatte.

Und, diesen Seitenhieb erlaube ich mir, so kann die CDU Salzwedel diese Mail auch lesen. Anscheinend hängt die Nachricht dort noch in irgendwelchen Spamordnern oder sonst wo fest.

=)

Von: email@muskeldomingo.de
Datum: 3. Mai 2025 um 15:38:17 MESZ
An: info@cdu-altmarkkreis.de
Betreff: Einladung an die CDU-Stadträte Salzwedel zur Lesung 16.05.2025 im Kunsthaus Salzwedel

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist Domenico Müllensiefen, aufgewachsen bin ich in Bandau bei Beetzendorf. Seit gut 19 Jahren lebe ich in Leipzig, wo ich inzwischen als freischaffender Schriftsteller arbeite. Mein Romandebüt „Aus unseren Feuern“ wurde unter anderem mit dem Klopstock-Förderpreis des Landes Sachsen-Anhalt ausgezeichnet. Die Preisverleihung erfolgte durch den Minister Rainer Robra (CDU). Vor ca. zwei Jahren lud mich der CDU-Orstverband Leipzig zu einer Lesung mit anschließender Diskussion ein. Im Nachgang waren wir gemeinsam bei einem Martinsgansessen.
Ich selbst bin Mitglied der SPD.

Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass es Kommunikation zwischen den sozialen, politischen und gesellschaftlichen Schichten in unserem Land gibt. Umso mehr wir miteinander sprechen, umso eher sind wir in der Lage gegenseitige Empathie aufzubauen, sind wir vielleicht sogar in der Lage gesamtgesellschaftliche Lösungen zu finden.
Ich bin mir leider nicht sicher, ob Sie mir zustimmen, aber ich bin der Meinung, dass es in den neuen Bundesländern ein großes Problem mit rechtsextremen Ausschweifungen jeglicher Art gibt. Eine Lösung gegen die rassistische Grundstimmung vorzugehen, sind soziale Projekte, die Aufklärungsarbeit leisten, politische Orientierung geben und junge Menschen überhaupt mit Politik in Berührung bringen. Mündige BürgerInnen fallen nicht vom Himmel, sie entstehen durch Zuspruch, Zuversicht und Diskussion.

Ich werde am 16.05.2025 im Kunsthaus Salzwedel aus meinem neuen Roman „Schnall dich an, es geht los“ lesen. Dieser Roman wurde von DER ZEIT als eine der 100 besten Veröffentlichungen des letzten Jahres betitelt, die Leipziger Volkszeitung nannte das Buch den „Ostroman des Jahres“.

Das Buch spielt in der Altmark, im Fokus sind Menschen, die im fitiven Ort Jeetzenbeck keine Zukunft mehr sehen und sozial, geistig und moralisch vereenden. Dieses Buch spricht Probleme an, die in der Altmark jeden Tag zu finden und real sind: abgehängte Infrastruktur, schlechte berufliche Perspektiven, Armut, Alkoholmissbrauch und die aktive Verklärung von Rassismus.
In diesem trostlosen Umfeld gibt es Figuren, die sich gegen dieses Leben wehren, die nicht aufgeben, die sich ihre Zukunft nicht nehmen lassen wollen.

Die Bibliothek Salzwedel und der Miteinander e.V. hatten mich im letzten Herbst separat zu einer Lesung eingeladen, die vor ein paar Tagen hätte stattfinden sollen. Um die Kosten gering zu halten, hatte ich vorgeschlagen, dass es statt zwei nur eine Lesung gibt. Der Miteinander e.V. erklärte sich bereit diese Lesung mit mir durchzuführen, dabei verzichtete ich auf die Hälfte meines üblichen Honorars und erklärte mich mit 300 € Gage zufrieden. Auch auf Fahrtkosten und Unterbringung verzichtete ich, um diese Lesung in meiner Heimat überhaupt möglich zu machen.

Vor ein paar Wochen bekam ich eine Mail, in der stand, dass der Miteinander e.V. die Lesung nicht finanzieren kann. Die Gründe hierfür sollten Sie sehr genau kennen.

Die Lesung, die nun am 16.05.2025 in Salzwedel stattfinden wird, werde ich ohne Honorar durchführen. Ich bitte vor Ort um Spenden an den Miteinander e.V., damit dieser seine wichtige Arbeit irgendwie fortsetzen kann.

Es ist mir ein persönliches Anliegen Ihre Stadträte Herrn Böder, Herrn Kappler, Herrn Kreitz und Herrn Schulze zu dieser Lesung einzuladen.

Ich würde mich sehr darüber freuen, sollten die Räte zu dieser Lesung kommen und ich nehme mir gerne vor und nach der Veranstaltung die Zeit mit ihnen in Dikussion und Kommunikation zu treten.

Sollte es Ihnen nicht möglich sein der Lesung beizuwohnen, so gebietet es der Anstand, eine Absage zu formulieren.

Herzlich,
Domenico Müllensiefen

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Beitrag 0041

20.05.2025:

Die letzten Tage hatte ich eine kleine Tournee. Vor etwas mehr als einer Woche war ich in Regensburg, wo ich gemeinsam mit Lotti Mischke an der Bayerischen Akademie des Schreibens unterrichtet hatte. Dann war ich für einen Tag in Berlin gewesen, hatte dort mal wieder an einem Konzept für eine mögliche Verfilmung von „Aus unseren Feuern“ gearbeitet. Am Tag darauf hatte ich eine sehr schöne Lesung in Dresden, einen Tag später stellte ich meinen Roman in Beetzendorf vor, war Tags darauf in Stendal, wo ich gemeinsam mit Kerstin Kinszorra, Pierre Gehmlich und Björn Menzel eine Live-Folge des Podcast „Wir sind das Volk“ aufgenommen hatte.

Vorgestern durfte ich in Neubrandenburg zum letzten Mal Maik Priebes Theateradaption von „Aus unseren Feuern“ sehen. Großartig war es.

Und dann war da noch Salzwedel.

Da hatte ich letzten Freitag die wirklich schöne Soli-Lesung für den Miteinander e.V., nachdem die rechtsradikale AfD gemeinsam mit der CDU im Salzwedeler Stadtrat Bundesfördergelder vergweigerte und somit, meiner Interpretation nach, einen aktiven und endgültigen Beitrag zur kulturellen Verödung der Stadt Salzwedel leistete.

Der Artikel in der ZEIT ist interessant. Der Fraktionsvorsitzende der Salzwedeler CDU, Thomas Böder, beklagt darin, dass es zu wenig, beziehungsweise gar keine Informationen über die geplante Nutzung der Fördergelder an den Stadtrat gab. Er, und die CDU-Fraktion, waren aufgrund dieses Informationsmangels praktisch gezwungen die Fördergelder abzulehnen. Außerdem sei der Miteinander e.V. seinem Empfinden nach nicht neutral genug.

Dass Böder gemeinsam mit einer nachgewiesen rechtsextremen Partei versucht einen Verein kaltzustellen, der sich für Opfer rechter Gewalt einsetzt, lässt für mich nur die Schlussfolgerung zu, dass da jemand versucht Projekte mundtot zu machen, die anstrengende Diskussionen fördern und fordern. Meiner Meinung nach entzieht sich die Salzwedeler CDU ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung. Dieses Verhalten ist nichts anderes als ein duckmäuserisches Anbiedern an die rechtsradikale AfD, die vielleicht ab dem nächsten Jahr den Ton in Sachsen-Anhalt angeben wird. Die CDU scheint mir nicht der Steigbügelhalter der FaschistInnen zu sein, nein, es wirkt auf mich so, als will sie der Steigbügel sein.

Ich bin der Meinung, dass es notwendig ist, andere politische Meinungen auszuhalten und zu diskutieren. Aus diesem Grund, und damit Herr Böder sich auch mal ein Bild von der Arbeit des Miteinander e.V. machen kann, hatte ich die CDU-Abgeordneten des Salzwedeler Stadtrats zu der Lesung eingeladen. Nicht einer der CDU-Stadträte war bei der Lesung zu Gast und auf meine Einladung heraus gab es keine Reaktion der CDU.

Gar keine.

Die Salzwedeler CDU duckt sich weg, wenn ihr etwas Wind entgegenbläst.

Ich habe das Gefühl, dass die Salzwedeler CDU Angst hat, kritische Stimmen zu hören.

Und das ist die eigentlich schreckliche Erkenntnis: Die CDU traut sich nicht, in den politischen Wettbewerb zu gehen. Sie scheint tatsächlich zu hoffen, dass Probleme verschwinden, wenn man sich nicht mit ihnen beschäftigt. Dieses prokastinatorische Verhalten ist besorgniserregend. Ich bin der Meinung, dass in unserer parlamentarischen Republik die CDU gebraucht wird. Ihre Aufgabe ist es, konservative Stimmen zu bündeln und diese zu einer starken politischen Kraft werden zu lassen, die sich für die Entwicklung unseres Landes einsetzt. Die (Salzwedeler) CDU scheint nicht begriffen zu haben, dass der politische Feind der Demokratie nicht ein Verein wie der Miteinander e.V. ist, sondern die rechtsradikale AfD, die nachweislich versucht unsere Demokratie zu zerstören. Die CDU würde unter der Machtergreifung der FaschistInnen genauso leiden, wie alle anderen demokratischen Kräfte.

In anderen Städten passiert das gleiche. Ende letzten Jahres versuchte das BSW Fördergelder für das Conne Island, dem Werk II und der naTo zu streichen. Die rechtsradikale AfD und die Leipziger CDU hatten sich dem ganzen mehr oder weniger angeschlossen und die freie Kulturszene in Leipzig mit eigenen Vorstößen torpediert.

Wir erleben einen Kulkturkampf. Demokratiefeindliche Kräfte versuchen die Deutungshoheit über Kunst und Kultur zu bekommen. Das hatten wir alles schon einmal. Auf gesamtdeutscher Ebene gab es das von 1933 bis 1945 und in den neuen Bundesländern hatten wir das von 1949 bis 1990. Es ist fatal, wenn die CDU sich einfach wegwirft und diese Kräfte unterstützt.

Salzwedel ist die Blaupause für die Verarmung von Kultur.

Salzwedel zeigt, dass die CDU nicht bereit ist, den Kampf für die Demokratie aufzunehmen.

Salzwedel ist exemplarisch für ganz Deutschland.

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Beitrag 0040

05.05.2025:

Ich muss darüber jetzt schreiben. Es lässt mir keine Ruhe.

Vor ein paar Wochen wurde im Stadtrat Salzwedel über Kulturmittel des Bundes abgestimmt. Die Mittel waren soweit vom Bund genehmigt, insgesamt standen der Stadt Salzwedel 1,2 Millionen Euro zu. Das Geld sollte in verschiedene Demokratieprojekte gehen, unter anderem hätte der Miteinander e.V. davon profitiert, mit dem ich eine Lesung in Salzwedel geplant hatte. Die Kosten für diese Lesung wären von diesem Fördergeld gestemmt worden.

Um das Fördergeld zu bekommen, hätte die Stadt Salzwedel einen Eigenanteil von 4.500 € pro Jahr leisten müssen.

Und diese 4.500 € waren dann das Argument, dass das Geld vom Stadtrat Salzwedel abgelehnt wurde.

Die CDU und die rechtsradikale AfD haben gemeinsam gegen die Fördergelder gestimmt. Als der Antrag durchging, gab es pöbelhaftes und provozierendes Geklatsche im Sitzungssaal.

Nachlesen kann man das hier: https://www.zeit.de/2025/18/salzwedel-demokratieprojekte-stadtrat-foerderung-sachsen

Und hier kann man es angucken: https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/stendal/salzwedel/salzwedel-demokratie-projekt-foedermittel-stadtrat-100.html

Kurz nach der Sitzung, bekam ich eine Mail vom Miteinander e.V., dass die Lesung, die wir machen wollten, nicht zu finanzieren ist – wegen der fehlenden Fördergelder.

Ich habe dem Miteinander e.V. sofort zurückgeschrieben, dass ich dennoch gerne in Salzwedel lesen möchte, gemeinsam mit den Leuten vom Miteinander e.V., und dass ich auf mein Honorar verzichte und lieber für Spenden werbe, die an den Verein gehen sollen.

Diese Lesung findet nun am 16. Mai 2025 im Kunsthaus Salzwedel statt. Beginn ist 18:30. Wer nicht zur Lesung kommen kann, aber dennoch den tollen Miteinander e.V. unterstützen möchte, kann das hier tun: https://www.miteinander-ev.de/spenden/

Der Miteinander e.V. ist unglaublich wichtig für die demokratische Basisarbeit in Sachsen-Anhalt. Er veranstaltet kulturelle Veranstaltungen, bietet Weiterbildungen für SozialpädagogInnen an, betreut Opfer rechter Gewalt und leistet wichtige Präventionsarbeit gegen Extremismus.

Wenn solche Angobte wegfallen, ist Sachsen-Anhalt nicht mehr lebenswert.

Ich gehe davon aus, dass im nächsten Jahr die rechtsradikale AfD in Sachsen-Anhalt in Regierungsverantwortung kommt, wenn die Dinge sich so weiter entwickeln, wie sie es gerade tun.

Es ist unglaublich wichtig der dortigen CDU zu zeigen, dass man nicht mit FaschistInnen paktiert. Nicht in Salzwedel, nicht in Schönebeck, nicht in Magdeburg, nicht in Köthen – NIRGENDS!

Mich macht das unglaublich wütend und ratlos, wenn ich sehe, dass CDU-Abgeordnete (Frauen sind nicht in der Stadtratsfraktion der CDU) unüberlegt und blind-naiv mit der rechtsradikalen AfD stimmen und am Ende in Interviews etwas davon erzählen, dass sie nicht richtig informiert waren über den Zweck der Gelder.

Ich möchte informieren, wenn denn die Abgeordneten der CDU bereit sind zuzuhören. Deshalb habe ich der Salzwedeler CDU vor zwei Tagen eine Mail geschrieben, in der ich die betroffenen Abgeordneten zu der Lesung in Salzwedel eingeladen habe. Ich hoffe, dass sie da sein werden. Ich hoffe, dass sie bereit sind zuzuhören.

Nie wieder ist jetzt!

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Beitrag 0039

28.04.2025:

Wenn sich auf meiner Website nicht viel tut, heißt das, dass ich schreibe. Oder mir nichts einfällt, was hier interessant sein könnte.

Aber mal im Ernst: Was ist so interessant an mir, dass man diese Beiträge hier liest? Was?

Egal. Vor fünf Jahren dachte ich, dass ich nicht einmal meinen ersten Roman veröffentlichen werde, jetzt schreibe ich am dritten.

Es wird ein bisschen anders werden, als bisher. Und ich hoffe, dass es nicht schlechter wird.

Die Geschichte handelt von einem jungen Mann, der nach Leipzig kommt, dort arbeiten geht und später literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut studiert. Im ersten Versuch wird er dort abgelehnt. Das ist eine große Bürde für ihn, er arbeitet hart an seinen Texten, versucht sich zu verbessern, liest viele Romane, die von AutorInnen geschrieben wurden, die auch dort studiert hatten. Und dann, ein Jahr später, bewirbt er sich erneut und wird angenommen, nachdem er dachte, dass es wieder nicht geklappt hat. Er ist jetzt am Zeil seiner Träume. Wir gehen mit ihm in die Literaturwerkstatt, es wird heißen Gossip aus den Seminaren zu lesen geben und vor allem wird er vor die große Frage gestellt: Präsens oder Präteritum und wer ist eigentlich dieser Konjunktiv? Das große Finale ist dann das Thema seiner Abschlussarbeit. Er muss den besten Text schreiben, den er in sich trägt. Und so schreibt er über einen jungen Mann, der sich am Deutschen Literaturinstitut bewirbt, scheitert und sich noch einmal bewirbt. Und dieser Typ – und auch der Erzähler – werden beide extrem erfolgreiche Schriftsteller.

Gespannt? Ich auch. Und das beste ist, dass ich so einen Quark ganz sicher nicht schreibe.

Nein, im nächsten Roman gehen wir dahin, wo das Leben tobt: Wir gehen in den Lkw und fahren ein Stückchen mit Sandra und ihrer Tochter Mia mit. Doch wer ist das im Rückspiegel? Wer verfolgt uns dort?

Große Fragen.

Und was hat dieses Foto hier damit zu tun?

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Beitrag 0038

09.12.2024:

Lieber Henner,

im Sommer 2009 schleppte mich Steffen Mohr an einem Sonntagabend zu deiner Lesebühne, die sich damals noch in dieser versteckten Connewitzer Kellerbar befand. An der Theke stellte er dich mir vor, sagte dir, dass ich ein Diamant sei, den du gefälligst zu schleifen hättest. Das gefiel dir gut und natürlich nahmst du dir meiner an. Und dann ging es auch schon los. Du gingst zur Bühne und machtest, was du am besten konntest: Reden.

Ich war komplett eingeschüchtert. So viele Menschen, die ihre Texte vortrugen. Alle kannten sich, alle kannten dich. Und standest da vorne auf der Bühne, quaselste, was dir so in den Kopf kam und machtest nichts anderes, als gute Laune zu verbreiten und erwartungsfroh weitere LeserInnen auf die Bühne zu bitten. Wer sich traute, bekam ein Getränk seiner Wahl und zwei oder drei Sätze um die Ohren, die dir zu dem vorgetragenen Text eingefallen sind. Deine Kritik war scharf, präzise und niemals abwertend. Egal, was da gerade vorgetragen wurde, du hattest die Lesenden ermuntert weiter zu machen.

Irgendwann an diesem Abend traute ich mich dann auf die Bühne, saß dort, stammelte mir einen ab, verhaspelte mich, war viel zu schnell in meiner Aussprache und auf einmal schon fertig mit dem Text. Auch ich bekam von dir ein, zwei Sätze mit auf den Weg. Ich weiß nicht mehr, was du mir damals gesagt hattest, vielleicht ist es auch nicht wichtig. Wichtig ist, wie du es gesagt hast. So, dass ich wiederkommen wollte.

Und das tat ich.

In den nächsten Jahren war ich Dauergast auf deiner Lesebühne. Zwei Mal im Monat trafen wir uns. Die Veranstaltungen fanden dann nicht mehr in der Kellerbar statt, inzwischen waren wir im StuK.

Zehn Minuten. Ein Getränk meiner Wahl und ein paar einordnende Worte von dir. Das war der Deal. Danach noch Plaudereien, mal kürzer, mal länger, aber nie oberflächlich.

Wenn mich Familie und Freunde in Leipzig besuchten, rief ich dich an. Kurz danach trafen wir uns vor dem Gebäude der LVZ und es dauerte keine Minute und alle lauschten deinen Worten, die du über die Stadt Leipzig zu erzählen hattest. Gemeinsam sind wir mit dir die Straßen abgelaufen. Du erzähltest uns, dass der Spruch auf der Rathausuhr bedeuten würde, dass diese todsicher falsch gehen würde. Du stelltest uns unter die Klangdusche, bei der Klangschale waren wir natürlich auch immer und mit großer Freude berichtetest du von Karl May und wie er den Biberpelzmantel stehlen wollte. Und dann, wenn wir vor dem Bildermuseum standen, hast du immer vom kürzesten Kunstraub der Geschichte erzählt. Irgendwann hattest du dann genug, bist mit uns zur Pleißenburg gegangen und hattest es immer verstanden, dich auf mindestens ein Bier einladen zu lassen, oft war auch noch ein Essen dabei.

Als dann mein erster Roman erschien, warst du natürlich im Publikum, hattest natürlich in der ersten Reihe gesessen und natürlich nach meiner Lesung mit deiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten und direkt eine zugespitzte Diskussion mit meinem Verleger angezettelt. Ich hätte es dir nicht verzeihen können, hättest du den Mund gehalten.

Letztes Jahr kamst du mit nach Quedlinburg, als ich den Klopstock-Förderpreis gewonnen hatte. Du warst mit im Publikum und hast noch Monate später voller Belustigung vom Hund meiner Eltern erzählt, der laut aufjaulte, als das Streichquartett zu spielen anfing.

Das letzte Mal saßen wir im September zusammen. Du wolltest meinen neuen Roman in mehrfacher Ausführung haben. Du warst mächstig stolz auf deinen Diamanten, den du in den letzten Jahren geschliffen hast. Gemeinsam saßen wir im Café Grundmann, plauderten und spinnten herum. Du hattest mir von deinem Urlaub in Frankreich berichtet und ich dir von den Dingen, die mir gerade so widerfuhren. Es war schön.

Lieber Henner, mein Lebensweg wäre ohne dich so nicht möglich gewesen. Ich bin dir zutiefst dankbar und ich wünsche allen Schreibenden, auf Menschen wie dich zu treffen. Menschen, die ohne Eigensinn an einen glauben, die einen unterstützen und die dabei einen wunderbaren Humor an den Tag legen.

Danke!

Henner Kotte, 1963-2024

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Beitrag 0037

07.09.2024:

Ich weiß nicht. Irgendwie war das vorhin schon wieder alles komisch. Wenn ich früher nach Berlin kam, verbrachte ich die Nächte in Hostels, Pensionen und Monteursunterkünften bei denen ich froh sein konnte, wenn ich am nächsten Morgen nicht voller Bettwanzen war. So ging es mir nicht nur in Berlin, ich konnte auch schon in Frankfurt, Chemnitz und sonstwo große Schimmelflecken an der Zimmerdecke beobachten.

Heute fuhr ich mal wieder nach Berlin. Mit dem Zug, nicht mit einem weißen, nach Socken stinkenden Transporter. Ich werde ein paar Tage hier bleiben. Das Hotel, das man mir gebucht hat, liegt direkt am Kudamm. Auf dem Weg fühlte ich mich wie ein Verräter. Und im Hotel selbst, wurde ich nicht gefragt, was ich hier will, sondern wie meine Anreise war.

Absurd, vollkommen absurd.

Jetzt hänge ich in dem Hotelzimmer rum und heute Abend habe ich einen Auftritt mit Charlotte Gneuß und Hendrik Bolz. Wir reden dort über die Perspektiven Ostdeutschlands. Ich gehe dorthin, weil man möchte, dass ich meine Meinung sage, man wird mir Fragen stellen und meinen Antworten lauschen.

Ich mag das. Ich liebe das. Ich kann mir kaum was schöneres vorstellen. Ich bin dem gegenüber sehr dankbar.

ABER: Wer würde meine Meinung dort hören wollen, würde ich mit einer Arbeitshose am Rand der Bühne stehen? Wer würde sie hören wollen, wenn ich dort den Sekt ausschenke, das Klo von Scheiße befreie und wer interessiert sich für die Meinung der Leute, die dort für die Bestuhlung sorgen?

Wer?

Das Leben ist zuckersüß, wenn man im Haus der Berliner Festspiele über die Perspektiven des Ostens philosphieren darf.

Mein Leben ist zuckersüß.

Aber ich weiß auch wie es ist Scheiße zu fressen. Ich kann mich gut daran erinnern, wie es ist, wenn man 12 Tage am Stück jeweils 16 Stunden durcharbeitet, dann ein paar Tage frei hat, in der kurzen Zeit versucht sein Privatleben zu regeln, dabei scheitert und dann wieder auf Montage fährt, wo man sich abends die zerschossene Beziehung mit Bier schönsaufen kann. Ich weiß, wie es ist, wenn man am Monatsende kaum noch Geld hat, sich was zu Fressen zu kaufen, obwohl man geackert hat, als gäbe es keinen Morgen mehr.

Und das werde ich nicht vergessen!

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Beitrag 0036

03.09.2024

Großmäulig habe ich auf dieser Website stehen, dass es für mich nie in Frage kam, den Osten zu verlassen. Bei den Wahlergebnissen vom letzten Sonntag, zweifle ich langsam an dieser Haltung. Ich frage mich ernsthaft, warum ich unter politischen Umständen leben soll, die so von mir niemals gewünscht waren und die nun bittere Realität sind. Die CDU Sachsen regiert dieses Bundesland seit 35 Jahren. Sollte sie diese Legislaturperiode überstehen, wird sie genauso lange an der Macht sein, wie es die SED einst war. Ehrlicherweise empfinde ich dies als demokratische Zumutung und gerne würde ich eine progressive Regierung sehen, die einem Mitte-links-Bündnis angehört. Mit Menschen, die nicht mit polemischen Blödsinn um sich werfen und sich auf die Landespolitik konzentrieren. Hier in Sachsen gibt es zahlreiche Baustellen. Die Infrastruktur auf dem Land muss gestärkt werden, ebenso die öffentliche Daseinsfürsorge. Auch braucht es mehr Kulturprogramme im ganzen Bundesland, die gesellschaftliche Teilhabe diskriminierungsfrei fördern. Ich habe große Zweifel, dass diese Themen bei diesem neu gewähltem Landtag überhaupt Relevanz haben.

Gleichzeitig wundert es mich nicht, dass die Wahlergebnisse so sind, wie sie sind. Eher wundert es mich, dass es erst jetzt geschehen ist. Wir hätten das ganze auch schon bei der letzten Wahl oder der davor haben können.

Nun ja, in den nächsten Wochen wird die Republik noch auf den Osten starren, sich die Augen reiben, was hier so los ist und in ein paar Wochen, wenn auch Brandenbrug gewählt hat, geht es heiter weiter, als wäre nichts geschehen, während rechtsradikale PopulistInnen im Landtag Hass, Angst und Wut in die Gesellschaft treiben. Steffen Mau hat vorgeschlagen, dass es neue Formen der Demokratie in Ostdeutschland geben könnte – Bürgerräte. Vielleicht eine gute Idee, vielleicht aber auch zu spät.

Wie auch immer, das sind nur Gedanken, die ich gerade in mir trage. Ich bin weder Politiker noch Soziologe. Aber ich bin Schriftsteller, und insofern lebe ich in Zeiten, die mir mehr als genung Stoff bieten, um darüber zu schreiben.

Mein neuer Roman ist nun fast drei Wochen erhältlich, in den nächsten Tagen stehen die ersten Lesungen und Interviews an und Ende des Monats wird mein erster Roman als Theaterstück in Neubrandenburg uraufgeführt.

Auch wenn ich mich hier wiederhole, für mich ist dies noch immer unbegreiflich. Es ist nicht lange her, da arbeitete ich als Handwerker, war von der literarischen Welt soweit entfernt wie die Erde vom Mars. Und nun gibt es Menschen, die einen meiner Texte zu einem Stück umwandeln. Ganz ehrlich, das kann man nicht begreifen. Und wenn ich etwas gerne nicht begreife, denn so etwas. Die Wahlergebnisse im Gegensatz, kann ich begreifen, aber das macht viel weniger Spaß.

Und sollte sich jemand fragen, wie mein Buch im Handel aussehen könnte. Vermutlich in etwa so:

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Beitrag 0035

08.08.2024:

Nächste Woche erscheint mein neuer Roman „Schnall dich an, es geht los“! Wenn ich so daran zurückdenke, wie lange es dauerte, den ersten Roman auf die Straße zu bekommen, war der zweite eine verdammt schnelle und irre Fahrt. Vor etwas mehr als zwei Jahren begann die Arbeit und nun soll er in ein paar Tagen schon im Laden stehen. Auch wenn ich mich hier wiederhole, für mich selbst ist das schwer nachzuvollziehen und ich bin sehr dankbar dafür.

Keine Ahnung wann es ein drittes Buch geben wird, daran denke ich noch nicht, jetzt steht die Reise mit dem zweiten Buch an. Und damit dieses Buch seine Heimat kennt, hatte ich es vor ein paar Tagen in die Altmark gebracht und ihm die Orte gezeigt, an dem es spielen könnte.

Ich möchte an dieser Stelle meinem tollen Verlag danken. Ohne den MitarbeiterInnen vom Kanon Verlag, wäre ich ohne das Buch in die Altmark gefahren und hätte einfach nur meine Eltern besucht. Das wäre sehr schön gewesen, aber mit dem Buch im Gepäck, war es grandios.

Danke!

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Beitrag 0034

27.06.2024:

Am letzten Donnerstag war ich in Berlin und konnte zum ersten Mal meinen neuen Roman in den Händen halten. Als ich meinen Verlag besuchte, drückte Gunnar Cynybulk mir ein Exemplar in die Hand. Genau diese Ausgabe wird mich nun in nächster Zeit begleiten. „Aus unseren Feuern“ wurde mir damals per Post zugeschickt. Sechs Bücher lagen im Karton, ich zog eins heraus und nahm es mit in die Welt. Bei jeder Lesung hatte ich die Leute, die mich begleitet oder moderiert hatten, aufgefordert, mir ein paar nette Zeilen in das Buch zu schreiben. Inzwischen ist mein Exemplar so vollgeschrieben, dass ich damit jetzt keine Lesungen mehr machen kann, einfach weil der Platz zwischen den Kapiteln fehlt, um noch ein paar nette Worte zu sammeln.

Es ist schön dieses Buch nun ins Regal stellen zu können. Es ist voller Worte, abgegriffen, Anfang des Jahres wurde es sogar geflutet und ich musste es noch im Hotel vor der Lesung mit einem Haartrockner vor dem Wasser retten. Ein paar der Unterschriften hatten Schaden genommen, aber nicht eine Seite hatte sich aus dem Buch gelöst. Ich glaube, man könnte auch mit einem Lkw darüberfahren, ohne es ernsthaft zu beschädigen.

Das neue Buch liegt nun ganz frisch vor mir. Die letzten Abende habe ich ab und an darin gelesen. Ich bin nun in etwa bei der Hälfte und sehr neugierig wie es weitergehen mag. So richtig begriffen habe ich noch nicht, dass ich das tatsächlich geschrieben haben soll. Mit dem ersten Roman ging es mir genau so. Man hat das fertige Buch in den Händen und die Erinnerungen an die Schreibphase sind marginal, wenn überhaupt vorhanden. Sollte mich jemand fragen, wie es ist, ein Buch zu schreiben, ich könnte diese Frage nicht beantworten.

Umso mehr freue ich mich darauf, neue Signaturen und Sätze mit „Schnall dich an, es geht los“ zu sammeln. Demnächst werden hier auch mehr Termine auf meiner Website stehen. Aber bis dahin, will ich erstmal dieses tolle Buch zu Ende lesen, auf das ihr euch hoffentlich alle so sehr freut!

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Beitrag 0033

28.04.2024:

Vor gut zwei Jahren ist mit „Aus unseren Feuern“ mein erster Roman erschienen. Im Winter 2021 hatte ich dann nebenbei angefangen an einem neuen Text zu arbeiten. Ich wusste erst nicht, wohin die Reise mit diesem Text gehen soll, nahm ihn aber mit auf meine Reisen. Ich habe im Zug, auf der Fähre, im Bus und sogar im Flugzeug immer wieder daran gearbeitet und natürlich auch von dem Büro aus, das ich mir im Sommer 2022 eingerichtet habe.

Im ersten Jahr hat sich das Gewand von diesem Material immer wieder geändert, bis ich letztes Jahr im Frühling einen Fahrplan hatte, den ich runterschreiben wollte und mich auch dran setzte. Im Sommer lief dann gar nichts mehr, was dazu führte, dass ich im Spätsommer/Herbst alles über den Haufen warf und mehr oder weniger, mit einem komplett neuen Textkonzept, von vorn anfing. Ich vermute, dass mein Verlag diese Nachricht mit Entsetzen aufgenommen hatte, allerdings wurde ich ermutigt weiter zu machen.

Und das tat ich. Der Herbst war sehr produktiv, der Winter ebenso und im Frühling ging die Post ab. Schreiben, schreiben, schreiben.

Heute war es dann soweit. Das Manuskript ging an den Kanon Verlag raus und am 14. August 2024 erscheint mein zweiter Roman „Schnall dich an, es geht los.“

Kommt alle mit auf diese wilde Fahrt!

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